Wer waren die Ritter?Ritterburgen haben wohl alle von uns schon einmal besucht:
über die Zugbrücke durch den Innenhof bis hinein in
den Rittersaal, wo uns blank polierte, schwere, eiserne Rüstungen und Furcht erregende Schwerter
beeindrucken. Bilder von stattlichen Rittern und schönen
Burgfräulein an festlich gedeckten Tischen steigen in uns auf. Wir erinnern uns
vielleicht auch an Filme mit edlen Burgherren, aufregenden Turnieren und blutigen Schlachten.
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Entsprechen diese Bilder aber der Wirklichkeit des Ritterlebens im Mittelalter? Woher stammt überhaupt das Wort „Ritter“? Ursprünglich, vor gut tausend Jahren, bedeutete es nichts anderes als „Reiter“ oder „Kämpfer zu Pferd“. Nur hoch zu Ross konnte das christliche Abendland gegen die Reiterheere der Araber und Ungarn verteidigt werden. Dies begründete Aufstieg und Ruhm des neuen Standes in der Gesellschaft. | 2 |
Ritter zu werden war nicht so einfach: Nur wenige Knaben konnten in den Dienst eines Ritters treten und das richtige Benehmen im Umgang mit vornehmen Damen und Herren erlernen. Mit 14 Jahren wurde man „Knappe“. Dieser übte im Wettstreit mit anderen Kraft und Wagemut, lernte reiten, hatte die Waffen seines Herren zu pflegen und zog mit diesem gemeinsam in die Schlacht. So erlernte der Knappe das Kriegshandwerk und wurde mit 21 Jahren zum Ritter geschlagen. Bei diesem feierlichen Anlass erhielt er Sporen und Schwert: die äußeren Zeichen der erlangten Würde. Der ihm verliehene Schild diente nicht nur zur Abwehr, sondern trug auch ein Wappen als Erkennungszeichen. Die Schutzkleidung war nämlich bei allen Rittern gleich: Visiere schützten ihre Augen und sollten zugleich dem Gegner Angst einflößen. Für lange Zeit trugen die Kämpfer Kettenhemden aus über 20.000 ineinander verflochtenen kleinen Eisenringen – nicht die starren Panzerungen aus schweren Eisenplatten, die heute noch viele Burgsäle schmücken. | 3 |
Höhepunkte in Friedenszeiten
waren prunkvolle Turniere, bei denen die Ritter Mut und
Geschicklichkeit unter Beweis stellten. Die Zweikämpfe zu
Pferd, bei denen es galt, den Gegner mit stumpfer Lanze aus dem Sattel zu stoßen,
waren besonders eindrucksvoll. Die ritterliche Ehre schrieb aber vor, einander nicht
absichtlich zu verletzen oder gar zu töten. Den Turnieren folgten
ausgelassene Feste im Rittersaal, bei denen es Speisen im Überfluss gab. Dabei war es
üblich, mit den Fingern zu essen und die abgenagten Knochen
hinter sich auf den Boden zu werfen. |
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Der Alltag eines Ritters sah aber zumeist ganz anders aus: Tod oder schwere Verletzungen in der Schlacht, Hunger und Krankheit in Notzeiten. Auch das normale Leben in der Burg war alles andere als angenehm. Geheizt werden konnte oft nur ein Raum; offene, rußende Kaminfeuer und Fackeln spendeten nur spärlich Licht. Die vor die kleinen Fenster gespannten Tierhäute hielten Kälte und Wind nur notdürftig ab. Als schließlich die Schusswaffen aufkamen, waren die Ritter, selbst wenn sie schwere Panzerrüstungen trugen, wehrlos und nicht mehr in der Lage, sich und ihren Besitz zu verteidigen. Daher drohte vielen die Armut und so mancher wurde zum Raubritter, der reisende Kaufleute überfiel und ausplünderte. | 5 |
Hätte uns ein Ritterleben gefallen? Stimmt denn das, was in den Ritterfilmen gezeigt wird? Diese Fragen werden wir uns vielleicht stellen, wenn wir das nächste Mal über eine Zugbrücke in eine Burg hineingehen. | 6 |